„Einfach machen!“
Vom Newcomer zum Designstar: Das Studio Besau-Marguerre glänzt mit einer beeindruckenden Design(er)karriere und ist in aller Munde. Mit vielen top Labels haben Marcel Besau und Eva Marguerre schon gearbeitet, spätestens seit Möbelkonzept und -entwürfen für die Elbphilharmonie sind sie überall bekannt. Ganzheitliches, interdisziplinäres Denken ist ihre Design-Philosophie, das Spiel mit Material und Farbe ihre Spezialität – und dem Zufall überlassen beiden kreativen Köpfe, die aktuell als Kuratoren die blickfang begleiten, einiges.
Von Sylvia Pilar
Ihr werdet als Shooting Stars des Designszene bezeichnet. Wie seht ihr euch selbst?
Eva Marguerre: Wir sind einfach Designer. Es freut uns natürlich, wenn man über uns als Shooting Star spricht, aber uns geht es darum, einen guten Job zu machen, um zufriedene Kunden, dass wir mit unserem interdisziplinären Design in verschiedenen Bereichen begeistern und unsere Ideen gestalterisch greifen. Das ist unsere Triebfeder.
Bei der blickfang seit ihr derzeit als Kuratoren aktiv. Wie fühlt sich diese „Rolle“ an?
Eva: Das ist wahnsinnig schön. Vor einigen Jahren haben wir selbst noch studiert und als Newcomer auf der blickfang ausgestellt, daher fühlen wir uns alledem noch recht nahe. Wir wissen noch gut, wie es sich als Jungdesigner anfühlt, wie toll Förderungen sind und hatten selbst das Glück, viel gefördert zu werden, tolle Menschen an unserer Seite zu haben, die uns begleitet und Türen geöffnet haben. Wir freuen uns, dass wir dies jetzt ein Stück weit zurück geben können.
„Unsere Philosophie ist das ganzheitliche, interdisziplinäre Denken.“
Was macht die blickfang so besonders?
Marcel Besau: Besonders ist der direkte Kontakt und Dialog mit den Konsumenten, der eine andere Perspektive auf den eigenen gestalterischen Akt, aber auch ganz banal auf die ökonomischen Aspekte gibt. Wenn man mit Herstellern arbeitet, ist dies oft ganz anders, weil der Entwurf produziert wird und in den Laden kommt, man als Designer aber nicht persönlich vor Ort ist.
Auf der blickfang Wien habt ihr junges österreichisches Design in geballter Power erlebt. Euer Eindruck?
Marcel: Es war sehr interessant. Wir hatten nicht erwartet, dass die blickfang Wien so viel anders ist als in anderen Städten. Schön war für uns zum Beispiel zu sehen, dass auf lokaler Ebene tolle Projekte entstehen.
Eva: Und man sieht wirklich einen Unterschied. Wir kennen jetzt die blickfang Messen Stuttgart, Hamburg, Zürich und Wien und tatsächlich: So global wir heute unterwegs sind und so sehr gedacht wird, dass es überall das Gleiche ist, so schön ist es zu sehen, dass dies nicht der Fall ist.
„Farbe ist die stärkste Aussage, die man treffen kann“
Habt ihr einen eigenen Designstil, einen roten Faden bei euren Designs?
Eva: Unsere Philosophie ist das ganzheitliche, interdisziplinäre Denken. Bei uns ist die Arbeit nicht mit dem Entwurf eines Produkts fertig, sondern wir gehen immer darüber hinaus und überlegen auch, wie das Produkt kommuniziert wird – im Katalog, auf dem Messestand, im Laden und schlussendlich beim Kunden im Interior. Diese ganze Kette interessiert uns und diese Philosophie ist schon ein gewisses Alleinstellungsmerkmal. Ebenso sind für uns Materialitäten und Farben essenziell in jedem Entwurf, egal ob Messestand, Produkt oder Grafik. Das ist unser Steckenpferd. Wir erhalten oft das Feedback, dass wir für mutige Farben stehen. Das ergibt sich aber oft nicht, weil wir auf starke Farben stehen. Die Elbphilharmonie war ja sehr zurück genommen. Farbe ist die stärkste Aussage, die man treffen kann, und bei uns ein großes Thema.
„Wir haben immer einen gewissen Zufallsmoment im Prozess, den wir zulassen.“
Ihr steht für die experimentelle Verwendung von Materialien. Wie spielt ihr mit Material? Was reizt euch daran?
Marcel: Es ist immer ein Teil theoretische Recherche oder das Gespräch mit Personen, die schon Erfahrung mit dem Material haben. Andererseits ist es auch unsere eigene, physische Erfahrung mit dem Material, was es leisten kann, was es beeinflussen kann. Wir haben immer einen gewissen Zufallsmoment im Prozess, den wir zulassen. Dadurch versuchen wir dem Material etwas Neues, einen neuen Aspekt abzugewinnen, den wir vorher in der Benutzung noch nicht gesehen haben. Beispielsweise bei unserem Kupferprojekt. Die Farbigkeit hat sich plötzlich erschlossen. Früher haben Klempner dadurch, dass sich beim Verschweißen des Rohres durch die Hitze die Farbe des Materials verändert hat, erkannt, wann die richtige Temperatur für den Biegeprozess erreicht ist. Das ist eigentlich sehr banal und kein gestalterischer Aspekt, für uns ist es aber ein sehr schönes Momentum im Material, das wir versucht haben, aufzugreifen und zu verarbeiten.
Habt ihr denn dann überhaupt ein Lieblingsmaterial?
Eva: Nein, eben gerade nicht. Wir lieben es, jedes Mal mit neuen Materialien zu arbeiten, einzutauchen, mit einem gewissen „Unwissen“ und großer Neugierde, uns theoretisch und praktisch heran zu pirschen und genau dann kommen diese Überraschungsmomente. Das ist das Aufregende. Wir wollen gar keine Spezialisten für ein einziges Material sein, uns fasziniert das Neue, die Vielfalt.
Marcel: Wobei es schon Materialien gibt, die wir sehr spannend finden. Zum Beispiel wollten wir immer mal ein Projekt mit Porzellan realisieren und das ist uns mit Fürstenberg gelungen.
Mit welchem Material würdet ihr noch gerne arbeiten?
Eva: Glas.
„Wir wollen gar keine Spezialisten für ein einziges Material sein, uns fasziniert das Neue, die Vielfalt.“
Ist das auch tatächlich das nächste Projekt oder woran arbeitet ihr aktuell?
Eva: Glas könnte eines der nächsten Projekte sein. Aktuell gestalten wir für die imm cologne 2019 einen Messestand für Thonet und sind an vielen Neuheiten dran mit Thonet, mit Fürstenberg wird es auch eine weitere Zusammenarbeit geben, aber mehr dürfen wir dazu noch nicht sagen. Natürlich arbeiten wir mit Vitra und Artek weiter. Eines unserer aktuellsten Projekte war eines großes für Mini auf der blickfang Bern. Es war und ist schön, neben der Kuratorenschaft auch noch auf einer anderen Ebene mit der blickfang zusammen zu arbeiten.
Ihr klettert die Designleiter weiter hoch. Welchen Tipp würdet ihr jungen Designern mit auf den Weg geben?
Eva: Wir sagen immer: Einfach machen! Wir merken bei vielen jungen Designern, dass sie viel zu verkopft sind, viele Fragezeichen haben. Natürlich heißt es nicht, irgendetwas irgendwie zu machen. Aber aktiv werden. Hinein stürzen, unvoreingenommen sein, keine Angst vor Fehlern haben, den eigenen Weg gehen. Es ist immer besser, etwas falsch als gar nichts zu machen.
Marcel: Und wenn man auf die Nase fällt, wieder aufstehen und sehen, welche Potenziale man aus seiner Arbeit ziehen kann. Neugierig sein, über den Tellerrand blicken und in Bewegung bleiben. Man kann sich auf nichts ausruhen. Ganz nach dem Motto: Nach der blickfang ist vor der blickfang.
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