Klein, aber premium
Wo steht das Bad, an und für sich betrachtet, heute, und was wird die Zukunft bringen? Michael Sieger, kreativer Kopf des deutschen Designbüros sieger design, das unter anderem für Dornbracht, Alape und Duravit arbeitet, hat da so seine Vermutungen.
Von Harald Sager
Was ist heuer im Badbereich auf den Markt gekommen, das die Handschrift von sieger design trägt?
Michael Sieger: Für Dornbracht haben wir die neue Einstiegslinie Lissé mit progressivem Hebeldesign und intuitiver Bedienung gestaltet: ohne den sonst typischen auf dem Armaturenkörper sitzenden „Kopf“. Die Kartusche ist tief in den zylindrischen Grundkörper integriert, der Hebel ist niedrig aufgelegt und nach oben orientiert. So wirkt die Armatur filigran und zeitgemäß.
Alape hat dieses Jahr den Doppelwaschtisch Twice vorgestellt: ein großzügiges, zu zweit zeitgleich zu nutzendes Produkt, das es in dieser Form noch nicht im Sortiment gab.
Bei Duravit sind u. a. Ergänzungen der Linie Darling New entstanden. Bereits 1994 kam die Vorgängerserie auf den Markt, 2011 wurde sie den aktuellen Bedürfnisstrukturen angepasst. Darling New ist für eine breite Zielgruppe gedacht: Erstausstatter, junge Familien, die funktional orientiert sind und große Waschbecken und Ablageflächen sowie viel Stauraum benötigen.
„Es lässt sich eine Tendenz zum ,wohnlicheren‘ Bad feststellen, d. h. Materialien aus dem Wohnbereich halten verstärkt auch im Bad Einzug.“
Wo sehen Sie die aktuellen Designtrends im Badbereich?
MS: Es lässt sich eine Tendenz zum „wohnlicheren“ Bad feststellen, d. h. Materialien aus dem Wohnbereich halten verstärkt auch im Bad Einzug. Dies hängt wiederum mit dem Trend des Eklektizismus zusammen – sprich, der Kombination unterschiedlicher Oberflächen und Stile in ein und demselben Raum. Wenn ich über die Möbelmesse in Mailand laufe, fällt es mir zunehmend schwer zu sagen: Ist das jetzt neu oder aus den fünfziger Jahren?
Design ist heute weniger aus einem Guss als früher, es trägt seltener eine eindeutige Handschrift. Aber im Grunde entspricht das der Art, wie wir wohnen: Schaue ich mir die Einrichtung unseres Hauses an, ist sie das Ergebnis von mehreren Jahrzehnten des Sammelns und Zusammentragens. – Aber zurück zum Bad: Chrom bildet immer noch 80 Prozent der Armaturenoberflächen, jedoch findet man auch dunkleres bis schwarzes Metall, Kupfer- oder Bronze-Töne …
„Glücklicherweise haben die Serien, die wir entwerfen, oft eine Lebensdauer von 15 und mehr Jahren – wir führen das auf unsere klare Designhandschrift zurück.“
Dornbracht und Alape gehören ja zusammen, aber ist es nicht ein Problem, Badprodukte auch für Duravit zu entwerfen, da es sich doch um einen Mitbewerber in derselben Branche handelt?
MS: Normalerweise arbeitet sieger design tatsächlich nur für einen Kunden pro Branche. Duravit ist die große Ausnahme – eine historisch so gewachsene Situation: Unser erster Kunde im Sanitärbereich war Alape, die erste Serie – der Waschplatz LavarSet – wurde 1983 vorgestellt. Zwei Jahre später kam Dornbracht mit der Armatur Domani dazu, und wiederum zwei Jahre danach folgte die erste Linie für Duravit. Mit dem Armaturen- und Accessoires-Hersteller Dornbracht gibt es hier keine Überschneidung.
Darüber hinaus sind Alape und Duravit nicht wirklich 1:1 zu vergleichen, weil Ersterer ein kleiner, auf Einzelkomponenten – Waschplätze aus glasiertem Stahl – spezialisierter Hersteller ist, der in erster Linie Architekten anspricht. Duravit ist einer der Branchengrößten, bei dem es mehr um komplette Badausstattungen für breite Kundenschichten geht.
„Mit unserem Small Size Premium Spa wollen wir aufzeigen, dass man auch auf sehr kleinem Raum in verdichteter Weise alles unterbringen kann, was ein hochwertiges Spa ausmacht.“
Sie entwerfen nicht nur Möbel, Keramik und Armaturen fürs Bad, sondern haben im Vorjahr auch ein grundlegend neues Badkonzept vorgestellt, das Small Size Premium Spa, kurz SSPS®. Worum geht es da?
MS: Das SSPS® ist vorerst eine Konzeptstudie. Wir haben dazu noch keine eigenen spezifischen Produkte entworfen. Zunächst ging es uns darum, aufzuzeigen, dass man auch auf sehr kleinem Raum – unsere Vorgabe waren 6 qm – in verdichteter Weise alles unterbringen kann, was ein hochwertiges Spa ausmacht.
sieger design ist seit über 30 Jahren im Baddesign tätig: Welche Ihrer Produkte haben es denn zu Designikonen gebracht?
MS: Mit der sehr erfolgreichen Armatur Tara (1992 lanciert, 2007 erneuert) haben wir sicher einen modernen Archetyp in diesem Bereich geschaffen. Tara war ein Meilenstein für Dornbracht, wir hatten dabei die klassischen englischen Kreuzgriffarmaturen im Blick. Weiterhin zu erwähnen wäre die minimalistisch gestaltete Serie MEM von 2003, die 2014 zeitgemäß verfeinert wurde und seitdem auch mit der zusätzlichen Oberfläche Cyprum (auf der Basis von 18-Kt-Gold und Kupfer) erhältlich ist.
„Mit der Armatur Tara für Dornbracht und der Serie Happy D. von Duravit haben wir sicher moderne Archetypen in diesen Bereichen geschaffen.“
Bei der – 1998 herausgebrachten – Serie Happy D. von Duravit nehmen wir für uns in Anspruch, die Ersten gewesen zu sein, die diese Art eines archetypischen Beckens lanciert haben. Hier ließen wir uns von den französischen Keramikwaschtischen inspirieren. Ein schöner Beweis unseres Erfolgs mit Happy D. ist, dass jetzt fast alle Mitbewerber Ähnliches in ihrem Sortiment haben. Andererseits wird es dadurch auch für uns nicht leichter, die Serie innovativ weiterzuentwickeln.
2013 erschien dann die verfeinerte Nachfolgeserie Happy D.2 – mit bekannten Charakterzügen, aber einer filigraneren und damit zeitgemäßen Erscheinung.
Glücklicherweise haben die Linien, die wir entwerfen, oft eine Lebensdauer von 15 und mehr Jahren – wir führen das auf unsere klare Designhandschrift zurück.
Welche Designtrends haben Sie beobachtet, seit Sie selbst aktiv darin mitwirken?
MS: Design versucht aus meiner Sicht immer, neue Lösungen für die sich verändernden Herausforderungen und Bedürfnisse der Gesellschaft zu finden. Um nur einige der so genannten Megatrends zu nennen: Das Wachstum der Metropolen und die voraussehbare Notwendigkeit, in Zukunft mit weniger Wohnraum auszukommen, habe ich bereits angesprochen.
Ein weiteres Thema: Wir werden weniger besitzen wollen. Schon heute sind wir in der Lage, wichtige Teile unseres Lebens mit uns herumzuführen. Auf meinem Smartphone habe ich meine sämtlichen Familienfotos und die komplette Musik, wozu brauche ich da zu Hause noch so viele Regale und Schränke?
Drittes Thema: die gestiegene Lebenserwartung und, damit einhergehend, der Erhalt der Gesundheit und Lebensqualität. Hier entstehen neue Anforderungen für die Gestaltung von Küchen und Bädern. Das Bad wird sich weiter professionalisieren und automatisieren, die Beleuchtung wird optimiert werden, das Wasser vermehrt auch gesundheitserhaltend bzw. therapeutisch zu nutzen sein, ich denke an Kneippkuren durch Fußbäder, horizontale und vertikale Duschen – alles Aspekte, die wir im Übrigen in unser SSPS® einbezogen haben.
www.small-size-premium-spa.com
Zur Info:
Das von Christian (Marketing) und Michael (Kreation) Sieger geleitete Unternehmen sieger design entwickelt, gestaltet und realisiert von Schloss Harkotten im Münsterland aus Markenstrategien und Produkte für deutsche und internationale Unternehmen, wobei der größte Schwerpunkt im Badbereich liegt. Aktuell beschäftigt sieger design 45 MitarbeiterInnen, davon rund 25 Kreative im Produkt- und Kommunikationsdesign. Seit 2005 besteht zusätzlich die eigene Premiummarke SIEGER, die Mode, kleine Lederwaren und Porzellan umfasst.
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