Ein Dekor als Statement
sieger design hat es wieder getan: Für Arzberg gestaltete die Agentur, die schon für zahlreiche Branchen-Größen die Designfeder schwang, ein neues Dekor und kleidet die Serie „TRIC“ in einen kontrastreichen Mix&Match-Look. Über zeitgemäßes wie funktionales Design wollen die Inhaber Christian und Michael Sieger gemeinsames Speisen wieder attraktiv machen, so das kreative Brüderpaar.
Von Sylvia Pilar
Wie kam es zu der Kooperation mit Arzberg?
Unser Vater ist bereits Anfang der 1990er Jahre eingeladen worden, für Arzberg eine Serie zu gestalten. Ihn hat das Thema Porzellan unmittelbar sehr gereizt und so wurde mit „CULT“ ein puristisches Design von uns vorgestellt, an dessen Entwicklung auch mein Bruder schon beteiligt war. Obwohl der Entwurf im Zuge des Gestaltungsprozesses für einige Diskussionen gesorgt hatte, wurde er wenig später auf der „Ambiente“ 1994 eingeführt und war direkt ein Erfolg.
Kurz danach sind wir in die weitere Produktentwicklung eingestiegen und haben insbesondere im Material- und Formenmix großes Potenzial gesehen. Unter dem Arbeitstitel „Table Storm“ entstand das Projekt 1996 – es war Zeit für eine neue Form der Tischkultur. Zum Glück konnten wir uns mit diesem radikalen Ansatz gegen anfängliche Vorbehalte durchsetzen, so dass die Serie „TRIC“ erstmals auf der „Ambiente“ 1997 vorgestellt wurde.
„Es war Zeit für eine neue Form der Tischkultur.“
Wie würden Sie „TRIC“ beschreiben?
Die Serie ist trickreich, intelligent, multifunktional. Insbesondere die smarten Funktionen und Kombinationsmöglichkeiten haben wir hervorgehoben, um dem Fachhändler die Beratung zu erleichtern und dem Konsumenten die Besonderheit von „TRIC“ unmittelbar verständlich zu machen. Das hat hervorragend funktioniert, die Serie war und ist ein voller Erfolg: sie ist immer noch die am weitesten ausgebaute Kollektion im Arzberg Sortiment.
Nun geht es noch einen Schritt weiter und TRIC trägt ein neues Design.
Zum 20-jährigen „TRIC“-Jubiläum ist Arzberg mit dem Wunsch auf uns zugekommen, einen neuen Dekor zu lancieren. Wir waren von Anfang an euphorisch, haben viele Ideen entwickelt und gut zwei Jahre daran gearbeitet. Zu Beginn haben wir uns die breite Palette an vorhandenen Farben, Dekoren und Oberflächen angesehen – und hier auch den Zugang gefunden: ein Mix von grafischen und floralen Mustern sowie glänzenden und matten Farben.
„Wir wollten diese Brüche explizit setzen. Heutzutage muss nicht immer alles aus einem Guss sein, es darf gemixt werden.
Die Pfingstrose ist unsere Lieblingsblume, weil sie sehr charmant und feminin ist. Florale Elemente sind natürlich ein uraltes Dekorthema für Porzellan, aber durch die Kombination mit grafischer Geradlinigkeit und dem Matt-Look entsteht eine spannende Modernität. Wir wollten diese Brüche explizit setzen. Heutzutage muss nicht immer alles aus einem Guss sein, es darf gemixt werden. So sehen wir auch die Dekorsprache.
Das heißt?
Es geht nicht darum, anhand eines Stückes die gesamte Kollektion zu kennen. Unser Anspruch ist es, dass jedes Teil für sich stimmig ist und auch einzeln funktioniert. Ich empfinde es als zunehmend wichtiger, Dinge singulär zu betrachten und so eine neue Wertigkeit zu erzielen. Für uns als Designer ist das deutlich aufwändiger, weil man jeden Artikel individuell entwickelt und viele Größenvariationen durchdekliniert. Es ist aber eben auch unsere Aufgabe, ein Produkt zu gestalten, das als gut ausbalanciert und schön empfunden wird und das nicht mit dem Essen darauf konkurriert. Das ist uns geglückt. Natürlich lässt sich „TRIC“ gut kombinieren, auch mit anderen Serien.
„Uns war es wichtig, in der oft monochromen Farbwelt einen starken grafischen Akzent mit vielfältigen Nuancen zu setzen.“
Mit Vivid Bloom wollen Sie starke Akzente setzen. Inwiefern?
„Vivid Bloom“ ist ein Statement-Dekor. Er ist kontrastreich – durch die Vielfalt grafischer Elemente und die klaren Brüche zwischen den floralen, feminin anmutenden Motiven und den eher maskulin wirkenden Linienmustern. Der Look ist eklektisch. Auf den ersten Blick mag der Mix für einige nicht zusammenpassen, wir aber sind der Auffassung, dass der Dekor dadurch eine viel höhere Komplexität und Wertigkeit, einen eigenen Charakter erhält. Uns war es wichtig, in der oft monochromen Farbwelt einen starken grafischen Akzent mit vielfältigen Nuancen zu setzen.
Der neue „TRIC“-Dekor besteht aus 18 verschiedenen Farbtönen. Arzberg hat das ganze Potenzial des Unternehmens genutzt, um diese besondere, neue Qualität entstehen zu lassen. Der Dekor kann dieserart viel: Wird der Tisch konsequent mit Vivid Bloom gedeckt, ist er überaus plakativ. Die Tafel lässt sich aber ebenso ruhiger und minimalistischer gestalten, indem man unifarbene Teile kombiniert. Mit Vivid Bloom eröffnen sich viele Möglichkeiten und Freiheiten, zu individualisieren.
„Was uns wichtig ist, ist die Suche nach dem Archetyp, dem idealtypischen Charakter, der Grundidee und Persönlichkeit eines Objektes.“
Vom Frühstück bis zum Dinner ist Geschirr essenziell und doch oft unterbeleuchtet. Hat sich die Tisch- und Tafelkultur in den letzten Jahren verändert? Hat sie an Wert gewonnen?
Ich glaube, dass man an Trends wie Cocooning oder Hygge den Spaß der Menschen erkennen kann, zu Hause zusammenzukommen, gemeinsam zu kochen und zu essen. Auch das Bedürfnis nach gesunder Ernährung hat dazu geführt, dass Tischkultur an Bedeutung gewonnen hat. Jeder Trend erzeugt aber stets einen Gegentrend. Es gibt viele, die tagtäglich im Auto frühstücken, weil sie denken, dass sie dafür sonst keine Zeit hätten, und andere, die sich diese nehmen und jeden Tag den Frühstückstisch eindecken.
„Unsere Produkte erhalten eine Seele, eine emotionale Ausstrahlung.“
Seitdem wir uns aktiv mit Tafelkultur beschäftigen, ist es für uns eine große Motivation und ein Ziel, die Menschen wieder an den Tisch zu bringen und in ihnen die Freude am gemeinsamen Essen zu entfachen – findet hier doch ein wirkliches Gespräch statt, und nicht in den Chat-Kanälen unserer Smartphones. Mit unseren Designs und Dekoren schaffen wir dafür den besten Rahmen.
sieger design hat für ganz viele Labels die Feder geschwungen. Wie unterscheidet sich die Gestaltung von Porzellan und Geschirr von jener anderer Produkte?
Selbstverständlich gilt es, sich einer Aufgabe stets ganz individuell zu widmen – je nach Auftraggeber, Markenpositionierung, Produkt, Marktsituation usw. Dennoch unterscheidet sich die Herangehensweise für uns gar nicht so sehr, wie man denken mag. Was uns wichtig ist, ist die Suche nach dem Archetyp, dem idealtypischen Charakter, der Grundidee und Persönlichkeit eines Objektes. Das spiegelt sich in sehr vielen unserer Entwürfe wider, ob das eine Armatur oder ein Schreibgerät ist.
„Zeitloses Design ist unsere Handschrift.“
Unsere Produkte erhalten eine Seele, eine emotionale Ausstrahlung. Diesen Archetyp gibt es in vielen Bereichen, bei Porzellan vielleicht mit am längsten. Ihn zu reflektieren, mit moderner Technik und aktuellem Zeitgeist in die Gegenwart zu übersetzen, ist uns wichtig. Hier spielt auch ästhetische Langlebigkeit eine entscheidende Rolle. Zeitloses Design ist unsere Handschrift, auch wenn wir uns manchmal gegen auffälligere Produkte inszenieren und profilieren müssen. Denn letztlich geht es darum, neue Designs wirtschaftlich zu denken. Und der Erfolg gibt uns recht.
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