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Reflexion der Freiheit

Der berühmte Designer Philippe Starck über Qualität, Intelligenz und ehrliches Design.

 

Erzählen Sie uns doch etwas über die Zusammenarbeit zwischen Gorenje und S+ARCK. Was haben die beiden Marken gemeinsam?

Designer Philippe Starck. © David Paige

Designer Philippe Starck. © David Paige

Ich denke wir haben besonders die Idee von Qualität, und hoffentlich Intelligenz, gemeinsam. Denn schlussendlich ist das alles was wir brauchen. Anschließend können wir Ehrlichkeit hinzufügen, dank welcher wir finanziell erschwingliche Produkte entwickeln können. So mancher fragt sich vielleicht, was denn „Intelligenz“ bedeutet. Intelligenz bedeutet dein Bestes zu geben um deine Freunde glücklich zu machen und ihnen zu einem besseren Leben zu verhelfen. Einher mit Intelligenz kommt das Bedürfnis nach Qualität, denn sie versichert unseren Freunden, die ihr Geld hart erarbeitet haben und es für unser Produkt ausgegeben haben, dass sie das Produkt für lange Zeit behalten und verwenden können. Und das wiederum kann in Begriffe wie Langlebigkeit, Übertragung und Erbe übersetzt werden. Diese Begriffe, die einst als überholte Konzepte galten, sind heutzutage höchst modern. Und schlussendlich hat Ehrlichkeit den Zweck zu versichern, dass keine überhöhten Gewinnspannen aufgeschlagen werden und somit der finale Preis der richtige Preis ist. Nachdem man alle diese Parameter zusammengebracht hat kann man auf ein elegantes und zeitloses Produkt hoffen. Und das ist schließlich was wir heutzutage von einem Produkt erwarten.

 

Sie sprechen viel von Freunden. Wenn Sie ins Design und in den Designprozess vertieft sind, denken Sie dann an Menschen irgendwie als Freunde? Denn das ist eine sehr intime oder persönliche Art von Beziehung.
Manche Menschen designen für sogenannte Zielkunden. Diese Zielkunden sind aber tatsächlich du und ich, jedoch mit einem roten Punkt an der Stirn. Wir warten auf etwas, eventuell darauf getötet zu werden. Ich kann an so eine Idee nicht glauben. Deshalb bin ich immer davon ausgegangen, dass ich für meinen Stamm, meine Familie und meine Freunde arbeite. Weil, sie wissen ja, Kreation ist ein eigentümlicher Job: wenn man es leidenschaftlich macht, so wie ich, ist es als ob man jeden Tag ein Weihnachtsgeschenk für seine Freunde kreiert. Daher dreht es sich im Endeffekt nur um Liebe; Liebe und Respekt.

 

„Intelligenz bedeutet dein Bestes zu geben um deine Freunde glücklich zu machen und ihnen zu einem besseren Leben zu verhelfen.“

– Philippe Starck

 

Die Idee des Geschenkes an Ihre Freunde klingt nach einem sehr noblen und befriedigenden Streben. Wenn wir schon über Geschenke und Freunde sprechen, können Sie uns etwas über die neue Gorenje by Starck Kollektion erzählen?

Designer Philippe Starck. © David Paige

Designer Philippe Starck. © David Paige

Die Gorenje by Starck Kollektion an Haushaltsgeräten war eine designerische Herausforderung, da ich mit verschiedensten paradoxen Parametern zurechtkommen musste. Man möchte ein Produkt das perfekt funktioniert, die letzte, topaktuelle Technologie und Materialien wie zum Beispiel Edelstahl beinhaltet – aber man möchte nicht in einem Raumschiff leben, weil wir schließlich nicht im Weltall leben. Das Paradox war, etwas technologisch einwandfreies zu entwerfen, das aber trotz allem noch ein gemütliches, warmes und menschliches Feeling hat. Schlussendlich habe ich eine Lösung gefunden indem ich alles mit und um das „absolute Minimum“, mit so wenig Design wie möglich, entworfen habe. So konnte ich den Menschen den Platz geben den sie brauchten um ihr Zuhause gemütlich und als Reflexion ihrer selbst zu bewohnen. Zusätzlich haben wir mit der Idee gearbeitet zu ein paar Stücken etwas Farbe hinzuzufügen, zum Beispiel an die Rückseite der Griffe. Das Hinzufügen von Farbe erlaubt uns einen Funken Leben in die Kollektion und den sonst weitgehend unsichtbaren Arbeitsaufwand zu hauchen. Bei näherem, genauem Hinsehen sieht man jedoch über die Fassade aus Perfektion aus Edelstahl hinaus. Man fängt an sich selbst und die Reflexion des Farbfunkens zu sehen. Und genau hier liegt die Eleganz dieser Kollektion – in der Diskretion ihrer hohen Qualität und ihres minimalistischen Designs.

 

Ist es das, was Sie besonders an Design, und besonders an Design von Haushaltsgeräten, interessiert? Können Sie uns mehr über die interessanten und herausfordernden Seiten des Entwerfens von Haushaltsgeräten erzählen? Ich stelle mir den Prozess sehr unterschiedlich zu dem von Beleuchtung, Badezimmerzubehör, Transportmittel, usw. vor.
Eine Küche, eine Zahnbürste, eine Rakete, ein Flugzeug, Unterwäsche oder ein Restaurant zu entwerfen ist immer die gleiche Arbeit. Der Arbeitsprozess weicht eventuell etwas ab aber die Idee dahinter ist immer die gleiche. Im Mittelpunkt steht immer das Bedürfnis zu verstehen warum wir am Leben sind und was passierte als wir geboren wurden. Ich denke es ist ganz einfach zu erklären was passiert: es ist ein Vertrag. Ein Vertrag der besagt, dass wir es verdienen zu existieren. Soweit ich weiß ist der Grund meiner Existenz meiner Gemeinschaft zu dienen. Deshalb denke ich nie an das Produkt wenn ich arbeite, denn das Produkt ist nur das finale Resultat. Ich interessiere mich für den direkten Nutzen den Menschen aus der Benutzung des Produktes ziehen können, wie sie davon profitieren und wie es einen Beitrag dazu leisten kann den Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen. So einfach ist das. Wenn man das im Sinn hat kann man so ziemlich alles entwerfen. Nichts ist mehr kompliziert; alles wird offensichtlich. Man folgt seinem Weg und verfolgt eine Richtung, geradewegs zu einem speziellen Bedürfnis das man hat – seine Frau, Familie, Freunde und Stamm zu befriedigen.

 

Das bringt uns zurück zu Ihrer Idee von demokratischem Design, nicht wahr?
Absolut. Demokratisches Design dreht sich genaugenommen um Qualitätsverbesserung und Preisreduktion um das richtige Produkt zu erreichen und es für die maximale Menge an Menschen verfügbar zu machen. Ich habe das Konzept des demokratischen Designs vor 30 Jahren erfunden und es hat 25 Jahre gedauert den Kampf zu gewinnen. Heutzutage können wir also sagen, dass fast jeder das richtige Produkt, mit gutem Design und zum richtigen Preis haben kann – und es kommt den Menschen sogar normal vor. Als ich anfing als Designer zu arbeiten war Design elitär. Man konnte ein wunderschönes Design eines sehr guten Designers erwerben, aber es war wirklich teuer und sogar schwer erhältlich, daher konnten es sich nur sehr wenige Menschen leisten. Es war keine elegante Art zu arbeiten.

 

„Man muss es nicht für sich selbst designen, sondern für die Menschen, die mit dem Objekt leben oder es erleben werden.“

– Philippe Starck

 

Sie haben über den Anwender und seine Beziehung zu dem Objekt gesprochen. Das bringt mich zu der Frage wie offen oder geschlossen Starck Designs sind. Wie viel Raum hat der Anwender um sein eigenes Erlebnis zu schaffen?

Designer Philippe Starck. © David Paige

Designer Philippe Starck. © David Paige

Theoretisch ist es ganz und gar transparent. Der Benutzer hat endlose Möglichkeiten sein eigenes Erlebnis zu kreieren. Aber jenseits davon hängt es vom Vorhaben und Zweck des Gegenstandes ab. Manchmal müssen Dinge komplett transparent sein. Ich habe zum Beispiel Transparenz für Stühle entwickelt, auf diese Weise kann man entscheiden ob man es sehen möchte oder nicht. Für den Louis Ghost Stuhl habe ich es nicht einmal selbst entworfen. Stattdessen fing ich an mit unserer gewöhnlichen, westlichen Erinnerung daran wie ein Stuhl – als Konzept – aussehen würde. Und dann entwarf ich es mit einem Minimum an Plastik, ohne jeglichen zusätzlichen Stil. Es war einfach der selbe Stuhl den jeder im Sinn hatte, aber aus transparentem Polycarbonat. Und es war ein weltweiter Erfolg, weil nicht ich sondern unser kollektives Gedächtnis ihn entworfen hat. Wenn man eine neue Idee oder Theorie ausdrücken möchte, also ein neues Erlebnis schaffen möchte, muss es stärker sein als alles was bisher existiert. Man muss es nicht für sich selbst designen, sondern für die Menschen, die mit dem Objekt leben oder es erleben werden. Daher wäre es vollkommen dumm von mir für mich selbst zu designen. Und darüber hinaus kann ich mir nicht vorstellen, dass ich so erfolgreich wäre wenn ich für mich selbst designen würde. Denn wenn ich für mich selbst designen würde, wäre ich mein einziger Kunde.

 

Da wir gerade darüber sprechen für sich selbst zu designen, muss ich es etwas weiter treiben und fragen – haben Sie denn noch nie ein einziges Stück für sich selbst entworfen?
Ich habe noch nie etwas für mich entworfen, hauptsächlich weil ich schlecht darin bin. Das ist sogar ein Witz zwischen meiner Frau und mir. Während Sie mit mir arbeitet sieht sie ständig wie ich der ärgste Kontroll-Freak bin, wenn ich an Projekten mit und für meine Partner arbeite. Wenn ich aber etwas für mich selbst brauche kann ich nichts dagegen unternehmen und nicht einmal herausfinden was ich wirklich will. Ich weiß einfach nicht, wie ich Dinge für mich selbst mache.

 

„Ich selbst bin mein schlechtester Kunde.“

– Philippe Starck

 

Das klingt ja danach als wären Sie Ihr eigener schlechtester Kunde.
Ja, ich selbst bin mein schlechtester Kunde, denn immer wenn ich etwa für mich selbst entwerfe bin ich unglücklich darüber. Und ich habe kein Recht darauf darüber glücklich zu sein, denn es ist nicht gut.

 

Sie arbeiten an so vielen Projekten – über 10,000 Objekte und Projekte weltweit. Das gibt mir darüber zu denken – woher nehmen Sie die ganze Energie?
Wer weiß? Mein Job ist die Kreativität. Zuerst müssen wir uns eingestehen, dass es über alles andere hinaus eine tödliche Krankheit ist – etwas leicht verrücktes, etwas das seine Ursprünge in einer Art von Autismus hat. Ich bin selbst leicht autistisch. Die zweite Sache ist diese nahezu religiöse Idee, dass man Geben muss – obwohl ich nicht gläubig bin. Und drittens, mache deine ganze Arbeit selbst, mit nur deinem Hirn, deiner eigenen Hand, einem Stift und einem Blatt Papier. Es ist wunderschön und eine Garantie für System, in dem man sich nicht abschuftet.
Und wenn du dich dafür interessierst zu versuchen es zu verstehen, wirst du die Dinge um dich herum sehen, die nicht gut und nicht mit Ehrlichkeit gemacht sind. Du wirst auch die fehlenden Dinge sehen, für die jedoch ein Bedürfnis besteht. Du wirst dir neuer Bedürfnisse bewusst werden, neue Parameter mitberücksichtigen – und wenn du weißt wie das geht warum sollte man dann nicht riskieren eine neue – und hoffentlich bessere – Lösung vorzuschlagen?
Ich kämpfe nie. Obwohl ich ein bisschen rebellisch, nicht immer gut gelaunt und manchmal sogar etwas düster bin, kämpfe ich trotzdem nie. Wenn ich mit etwas nicht einverstanden bin dann versuche ich es zu ersetzen. Ich verstehe nicht den Sinn dahinter seine Energie ans Kämpfen zu verschwenden. Ich bevorzuge es, diese Energie zum Schaffen zu verwenden. Und letztendlich, wenn dein Vorschlag besser als der letzte ist, dann wird er ihn ersetzen. Das ist es was ich versuche zu machen – jeden Tag, jede Stunde, jede Minute. Ich arbeite jeden Tag an einem Projekt und das ist möglich weil ich alleine, sehr schnell und mit großer Konzentration arbeite. Ich lebe wie ein Mönch, so weit weg von allem wie möglich. Dies erlaubt mir, mir selbst viele Fragen zu stellen, auf welche ich normalerweise die Antworten finde.

 

Wenn wir abschließend schnell noch zu der neuen Gorenje by Starck Kollektion zurückkehren, wie spiegelt die neue Linie an Haushaltsgeräten Ihre Aussage wider: „Ich denke der einzige Stil von Morgen ist Freiheit. Freiheit auszuwählen was man braucht und was man will.“?
In einer Küche ist Freiheit hauptsächlich was du für deine Familie kochen wirst. Tatsächlich braucht man nicht viel Freiheit für die Form seines Ofens oder Kühlschranks. Die echte Freiheit ist deine eigene Freiheit. Und mit Gorenje by Starck dreht sich alles um Reflexion – die Betrachtung deiner eigenen Freiheit in deinen Haushaltsgeräten.

 

www.starck.com

www.gorenje.at

Text: Jeff Bickert

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