„Design ist never ending“
Miki Martinek gilt als „pioneer of change“. Mit „BLAUES GOLD“ setzt sie ein Lebenselexir kristallklar und pur in Szene: Wasser. Nachhaltigem Design verleiht die Innenarchitektin und Designerin mit dem Wasserglas-Set eine sinnliche Note. Für sie ist Nachhaltigkeit überhaupt ein Grundwert – und ein ebenso dynamischer Prozess wie Design. „Gestaltung geht immer weiter“, so Michaela Theresia Martinek.
Von Sylvia Pilar
„BLAUES GOLD“ stand bei der VIENNA DESIGN WEEK 2018 in besonderem Rampenlicht. Was steckt hinter dem vielsagenden Namen?
Bei „BLAUES GOLD“ geht es um einen besonderen Schatz: Reines Wasser in einem klaren, feinen, mundgeblasenen Glas. Das Design bestimmt aber nicht die Form, sondern immer das Setting – und das ist bei den mundgeblasenen Trinkgläsern und der Karaffe ganz klar das Wasser. Das Wasserglas-Set wurde bei der diesjährigen VIENNA DESIGN WEEK bei STAMM Tischkultur präsentiert und ist nun für alle erhältlich.
Wie sind Glas und Karaffe entstanden?
BLAUES GOLD ist im Rahmen eines Auftrages des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus anlässlich der EU-Ratspräsidentschaft entstanden. Ziel war es, Gastgeschenke mit Bezug zu Österreich und Europa zu entwerfen. Ich habe zwei mundgeblasene Trinkgläser und eine Karaffe sowie die passende Verpackung gestaltet, so dass die Glasobjekte sicher und formschön transportiert werden können. Das Wasserglas-Set wirkt so wie ein kleiner Goldbarren.
„Bei „BLAUES GOLD“ geht es um einen besonderen Schatz: Reines Wasser in einem klaren, feinen, mundgeblasenen Glas.“
Wichtig war und ist dem Ministerium wie mir aber auch, dass das Wasserglas nichts Exklusives ist, sondern jeder Mensch Zugang dazu haben sollte, ebenso wie zu Wasser selbst. Ich bin ja eigentlich Innenarchitektin und entwerfe individuell für Kunden, das Ministerium hat mich aber so lange angestupst, bis ich nun die Initiative gesetzt habe und das Wasserglas-Set nicht nur entwickle, sondern auch produzieren lassen. Marcus Fried von STAMM Tischkultur, spezialisiert auf hochwertige Glasware, war sofort begeistert, im Rahmen der diesjährigen VIENNA DESIGN WEEK wurde es hier erstmals gezeigt und wird hier zukünftig präsentiert.
Was ist das Spezielle?
Wasserglas und -karaffe sind aus Kristallglas gefertigt, das in Kleinserie prodzuziert werden kann und spezielle Eigenschaften hat. Es ist haptisch sehr angenehm. Mein Glasproduzent meint, es fühlt sich sexy an. Mir geht es immer auch um Haptik und Materialität. Diese versuche ich über die Form zu erreichen, perfekt, wenn das Material dies verstärkt. Das Glas selbst sollte sauber, clean wirken, um dem Wasser nicht die Show zu stehlen. Bei reinem Kristallglas kommt diese Klarheit besonders gut heraus, weil es reflektiert und spiegelt.
„Mir geht es immer auch um Haptik und Materialität. Diese versuche ich über die Form zu erreichen, perfekt, wenn das Material dies verstärkt.“
Zudem ist das zarte, dünne Glas etwas elastisch, wodurch das Wasser noch besser geschmeckt werden kann. Durch den ‚ausgeblasenen‘, geschwungenen Boden verschwindet das Glas optisch, so dass es wirkt, als würde man klares Wasser in den Händen halten. Die Glasobjekte schauen sehr filigran aus, obwohl sie im praktischen Gebrauch robust und am Ende ihres Lebens vollständig recyclebar sind.
Der Nachhaltigkeitsdedanke und -anspruch treibt sie schon immer an. Wie greifen Nachhaltigkeit und Design ineinander?
Das ist eine spezielle Frage, insbesondere, weil Nachhaltigkeit unterschiedlich definiert wird. Ich glaube, dass man heute als Designer und Designerin nicht mehr an dem Thema vorbei kommt. Es wird gefordert, Produkte nachhaltig zu entwerfen. Der große change ist, im Kreislaufdenken zu entwerfen, also nicht nur ausschließlich Form und Funktion, sondern auch die verwendeten Materialien zu reflektieren, woher sie kommen, wie sie produziert werden und was mit ihnen in fünf, zehn, hundert Jahren passiert.
Diesen Nachhaltigkeitsgedanken hatte ich immer schon. Bei Nachhaltigkeit geht es ja um Werte. Nachhaltigkeit ist für mich ein Grundwert und es ist ein permanenter, dynamischer Prozess. Vor zehn Jahren hat Nachhaltigkeit etwas anderes bedeutet, aktuell geht es besonders um den Wert der Langlebigkeit von Materialien und Produkten.
Prägt Nachhaltigkeit auch Ihre innenarchitektonischen Projekte?
Ja, definitiv. Als Innenarchitektin arbeite viel mit Handwerksbetrieben zusammen, die eine besondere Beziehung zum Material und eine Wertschätzung zur Herstellung haben, und komme mit allen Technologien in Berührung. Das ist etwas Besonderes. Je digitaler unsere Welt wird, umso mehr brauchen wir auch „hand-made“, „crafted by“.
„Es wird gefordert, Produkte nachhaltig zu entwerfen. Der große change ist, im Kreislaufdenken zu entwerfen“
Dieses Bewusstsein ist bei den Menschen angekommen und rettet auch viele Technologien, die wieder geschätzt werden. Wie die Technologie des Glasblasens. Jedes Stück wird einzeln gefertigt und ist dadurch ein bisschen anders. Diese vermeintliche Unperfektion hat auch mit Ästhetik zu tun. Durch moderne Technologien können wir alles perfekt schaffen, Produkte werden dadurch aber auch kalt und unpersönlich. Kleine ‚Fehler‘ verleihen ihnen etwas Individuelles und damit Ästhetisches.
Sie sind ja auch an der „Universität für angewandte Kunst Wien“ tätig. Was vermitteln Sie den Studierenden in dieser Designausbildung?
An der „Angewandten“ unterrichte ich Gestaltungsprojekte und Design. Dabei geht es mir vor allem darum, dass Design als Alltagsgestaltung wahrgenommen wird, dass es bei Design um einen Prozess geht und darum, immer einen Schritt weiter zu gehen. Design ist never ending. Gestaltung geht immer weiter. Das versuche ich zu vermitteln und durchlaufe mit den Studierenden einen Designprozess, bei dem der Nachhaltigkeitsaspekt automatisch aufkommt, einfließt und Thema ist, weil sich auch der Begriff „nachhaltig“ permanent verändert.
In welche Richtung verändert er sich? Was ist der aktuelle Status quo?
Menschen reflektieren viel mehr, was sie kaufen, legen Wert darauf zu wissen, wo und wie Produkte produziert werden. Nachhaltigkeit wird nicht mehr nur ‚von oben‘ vorgegeben, sondern auch wirklich nachgefragt. Ja, allerdings. Es ist eine große Veränderung zu spüren. Der Anspruch ist, dass Design für jeden gut und für jeden zugänglich sein, ebenso wie sauberes Trinkwasser. In Österreich haben wir damit etwas Besonderes – und so schließt sich der Kreis zu „Blaues Gold“. Es soll darauf verweisen, dass Wasser etwas Wertvolles ist. Daher war es für mich auch eine so reizvolle Aufgabe, ein Wasserglas zu gestalten und in Szene zu setzen.
„Je digitaler unsere Welt wird, umso mehr brauchen wir auch ‚hand-made‘, ‚crafted by‘.“
Fortsetzung folgt?
Ich bin immer sehr offen, es hängt aber ganz von den Partnern ab. Aktuell geht es darum, dieses Glas und diesen Krug in ansprechende Settings zu integrieren, um den Bewusstseinbildungsprozess zu verstärken.
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