Das Interieur von morgen
Wenn man wissen möchte, wie wir morgen leben und uns einrichten werden, ist ein Blick zu den angesagten Designhotspots Europas immer empfehlenswert. Eindhoven in den Niederlanden ist ein solcher Ort, der als Studienort und Designhochburg viele junge, kreative Menschen aus der ganzen Welt anzieht, um dort zu studieren. Jeden Herbst findet dort die Dutch Design Week (DDW) statt, wo die Luft zu flimmern scheint von dem kreativen Spirit, der über der Stadt liegt.
Von Katrin de Louw
Im Zentrum eines Designentwicklungsprozesses sollte immer der Nutzen stehen und so war in diesem Jahr das Thema Gesundheit und demografischer Wandel nicht selten der Ideengeber vieler Projekte, die dort gezeigt wurden. Wobei das Thema „Gesundheit“ breit und kreativ gespielt wird: Von humorvollen und fröhlichen Designobjekten über medikamentöse Versorgung mit neuen Indoor-Drohnen bis hin zu unsichtbaren Verkehrsführungen für Sehbehinderte in der Stadt von morgen.
„Ökologie und technischer Fortschritt ist kein Widerspruch mehr, sondern gibt uns die Chance zu wirklich Neuem, wie es die Welt bei großen Herausforderungen gebrauchen kann.“
Dabei bestimmen bei den im Schnitt sehr jungen Designern in Eindhoven insbesondere 2 Faktoren den Designprozess: Auf der einen Seite ist das Thema Nachhaltigkeit allgegenwärtig. Design wird als Mission verstanden, ein politisches Statement welches es mit Verantwortung zu tragen gilt. Dabei stehen nachwachsende Rohstoffe ganz oben auf der Materialauswahlliste, wie Holz, Rattan und Baumwolle. Aber auch Glas ist angesagt, lässt es sich immerhin zu 100% recyceln. Dazu kommen sehr viele Recycling- Projekte, insbesondere aus recyceltem Plastik, welches neue Verwendung findet in Möbeln, Lampenschirmen oder Outdoor-Sitzbänken. Und dieses Lebensgefühl, welches sich nimmt, was es braucht aber mit Bedacht, das zeigt jetzt auch Spuren in der Formgebung der gestalteten Objekte.
Die glatten Flächen und geraden Kanten sind out- die Natur und das moderne Design erschaffen einzigartig geformte, organisch anmutende Objekte, wie z.B. Geschirr oder Leuchten. Dabei wird das zelebriert, was vor Kurzem noch verpönt war: Dellen, Macken, Schlieren…es lebt der Unperfektionismus! Möbel und Einrichtungsgegenstände bekommen so nicht nur einen individuellen Charakter, sie werden sogar liebenswert und schmeicheln der Hand. Jetzt denken viele von Ihnen: Ja, aber in der Massenproduktion geht das ja nicht…Irrtum!
Piet Hein Eek, ein bekannter niederländischer Designer, der vor allen Dingen mit recycelten Holzmöbeln bekannt wurde, stellte jetzt zur DDW seine Designarbeit vor, die er an einen großen Möbelkonzern nach Nordeuropa verkauft hat: Darunter u.a. Trinkgläser, die scheinbar alle verschiedenen und unregelmäßig geformt waren und dadurch handgemacht anmuten. Es handelt sich hier also um einen Trend, der mehr ist als eine Designidee, es ist ein angesagtes Lebensgefühl und wird sich auch auf breites Konsumdesign auswirken.
Als zweiten Aspekt, der unsere zukünftige Einrichtung maßgeblich beeinflusst, dürfen neue Technologien genannt werden, insbesondere alles rund um die Digitalisierung. Die Jungdesigner sind trotz aller Achtung vor der Natur und mit Bedacht auf Nachhaltigkeit sehr offen für neue, technische Möglichkeiten. Der 3D Druck entwickelt sich immer weiter und ist längst auf alle Materialien anwendbar: auf Glas, Metall und sogar organischen Materialien.
Auch der Umgang mit den „Big Data“ also dem Zugriff auf große Datenmengen inspirieren die Designer, diese in Formen zu gießen und so gesellschaftliche Strukturen an Objekten darzustellen. Aber sie suchen auch die sinnvolle Anwendung smarter Funktionen in Möbeln oder Gegenständen, wie z.B. das vasenähnliche Tischobjekt, welches durch Farbe und Musik schon morgens dem Bewohner signalisiert, wie das Wetter heute wird.
„Es lebt der Unperfektionismus!“
Auch gab es dieses Jahr in Eindhoven viele Anwendungen der „Virtual Reality“ (VR) und „Augmented Reality“ (AR) zu sehen, die auch für die Design- und Einrichtungsbranche immer wichtiger werden. Insbesondere mit der AR Technology ist man als Hersteller oder Einrichter in der Lage, Möbel in 3D im tatsächlichen Raum darzustellen und von allen Seiten virtuell zu betrachten.
Eine bessere Entscheidungshilfe für Endverbraucher kann man sich kaum vorstellen, sodass diese Technik sicher weiter auf dem Vormarsch ist. Mit Hilfe einer App auf Smartphone oder Tablett erkennt die Kamera des Gerätes einen sogenannten „Marker“ und stellt dann virtuell auf diesen Punkt ein ausgewähltes Möbel.
Durch Bewegen des Smartphones kann man dann sich das virtuelle Möbel von verschiedenen Seiten in der gewünschten Lokalität ansehen.
Aber als wirkliches Fazit nehme ich von dieser spannenden Messe mit, dass die jungen Entwickler beides, also Nachhaltigkeit UND Technologie leben und miteinander vereinen in Ihren Entwürfen und in Ihrem Lebensstil.
Reduktion ja aber es wird sich trotzdem bedient aus dem breiten Angebot der Möglichkeiten aber mit Verstand und Verantwortung.Ökologie und technischer Fortschritt ist kein Widerspruch mehr, sondern gibt uns die Chance zu wirklich Neuem, wie es die Welt bei großen Herausforderungen gebrauchen kann.
Dabei geht es nicht darum, Besitz zu haben, sondern hauptsächlich Spaß und Lebensqualität, auch im gesellschaftlichen und generationsübergreifenden Kontext.
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