„Diogene“: Mini-Haus by Renzo Piano
Klein, aber oho – das ist „Diogene”. Das vom italienischen Architekten Renzo Piano und dem Renzo Piano Building Workshop designte Mini-Gebäude auf seiner Grundfläche von 2,5 mal 3 Metern verfügt über alles, was man zum Leben braucht. Ein feines, autarkes Refugium.
Wohnen mit allem drum und dran auf 2,5 mal 3 Metern? Das geht. „Diogene“ heißt das Mini-Haus. Damit entwickelte der italienische Architekt Renzo Piano mit dem Renzo Piano Building Workshop das bisher kleinste Gebäude und gleichzeitig größte Produkt von Vitra. Anlässlich der Art Basel 2013 wurde ein neuer Prototyp von „Diogene“ auf dem Vitra Campus auf der Grünfläche gegenüber dem VitraHaus präsentiert.
Eine Idee wird Wirklichkeit
Es ist die – wahrgewordene – Idee der minimalen Behausung Renzo Pianos, die ihn schon seit der Studienzeit beschäftigt habe, wie er selbst erzählt. Bereits mehrere Projekte hat er bisher realisiert, bei denen es um die Frage der Minimierung der räumlichen Umgebung des Menschen ging, wenngleich nicht aus Gründen der ökonomischen Effizienz. Es mag also wie ein Gegensatz wirken, dass sich sein Büro doch mit Großprojekten wie zuletzt „The Shard“ in London, dem höchsten Hochhaus Europas, befasst hat. Doch schon vor etwa zehn Jahren hatte Piano aus eigenem Antrieb und ohne Auftraggeber begonnen, ein kleines Haus zu entwickeln, diverse Prototypen aus verschiedensten Materialien entstanden. Die letzte Variante des mit „Diogene“ titulierten Projekts wurde in einem Bericht vorgestellt, den Rolf Fehlbaum, dem Chairman von Vitra, las und sich von den Ideen unmittelbar angesprochen fühlte – nicht zuletzt deswegen, weil auch Vitra sich nicht als Hersteller von einzelnen Designobjekten, sondern Möbel als essentiellen Teil der menschlichen Umwelt versteht.
„Dieses kleine Haus ist das Resultat einer langen, langen Reise, die zum Teil von Wünschen und Träumen bestimmt ist, zum Teil aber auch von Technik und einer wissenschaftlichen Herangehensweise.“ (Renzo Piano)
Alles drin
Gemeinsam feilten Piano und Fehlbaum nun seit Ende Juni 2010 an „Diogene“, einem nach dem antiken Philosophen Diogenes, der in einer Tonne lebte, weil er weltlichen Luxus als überflüssig empfand, benanntem Projekt. Vermissen wird hier freilich keiner etwas: Immerhin ist die von Renzo Piano designte Kreation mit allem ausgestattet, was zum Leben benötigt wird. So dient der vordere Teil mit Bettsofa auf der einen und einem Klapptisch unter des Fensters auf der anderen Seite als Wohnraum. Hinter einer Trennwand sind Dusche und WC sowie eine kleine Küche angeordnet.
„Diogene versorgt einen mit dem, was man wirklich benötigt, und mit nichts sonst.“ (Renzo Piano)
Dazu funktioniert diese auf das Wesentliche reduzierte Wohneinheit als geschlossenes System vollkommen autark und ist von ihrer Umgebung unabhängig. Das benötigte Wasser wird vom Haus selbst gesammelt und nach der Nutzung gereinigt wieder abgegeben, der Strom wird selbst erzeugt, die benötigte Standfläche ist minimiert. Mit 2,5 x 3 Metern Grundfläche lässt sich „Diogene“ komplett zusammengebaut und eingerichtet auf einen Lastwagen verladen und überall hin transportieren.
Holz trifft Technik
Die Konstruktion besteht aus Holz, dessen warmer Charakter auch das Innere bestimmt, zwecks Witterungsschutz ist das Äußere zudem mit einer Aluminiumverkleidung versehen. Ruft die Gesamtform zwar das Urbild eines Hauses in Erinnerung, wirkt „Diogene“ mit den abgerundeten Ecken und dem All-Over der Fassadenmaterialien zugleich überaus modern. Es ist ein ästhetisch attraktives und – so banal es wirken mag – hochkomplexes technisches Gebilde, ausgestattet mit diversen Installationen und technischen Systemen wie Photovoltaik-Zellen und Solarpaneelen, Regenwassertank, biologischer Toilette, natürlicher Belüftung und Dreifach-Isolierverglasung, die die Selbstversorgung und Unabhängigkeit erst garantieren.
Überall daheim
Haus und Ausstattung bilden eine Einheit, die Einsatzmöglichkeiten für „Diogene“ sind vielfältig: So kann es als kleines Wochenendhaus ebenso dienen wie als Studiolo, als kleines Büro, kann frei in der Natur aufgestellt werden oder auch im unmittelbaren Arbeitsumfeld, ja sogar als vereinfachte Variante inmitten eines Open-Space-Office. Denkbar ist es aber auch, Gruppen von Häusern aufzustellen, etwas als informelles Hotel oder Gästehaus.
Bewusst entspricht „Diogene“ nicht allen Bedürfnissen des Menschen in gleichem Masse. So wird Kommunikation beispielsweise anderswo stattfinden – und so lädt „Diogene“ zugleich dazu ein, das Verhältnis von Individuum und Gemeinschaft neu auszuloten.