Vom wahren Wert des Designs
Was ist der „wahre Wert von Design“ und was muss es leisten? Darüber wurde bei einem Designtalk im MAK diskutiert – und noch weitere Themen tangiert.
Zu einem spannenden Designtalk lud die Österreichische Möbelindustrie im Rahmen der Design14 – Living & Lifestyle, die von 14. bis 17. November im MAK in Wien ihre Türen öffnete. Unter dem Titel „Der wahre Wert von Design – was muss es leisten?“ diskutierten dabei Experten aus Wirtschaft, Lehre und Handwerk am Abend des ersten Messetages und im Zuge der Langen Nacht des Designs.
Dr. Georg Emprechtinger, Vorsitzender der Österreichischen Möbelindustrie sowie Geschäftsführender Alleineigentümer von TEAM 7, Robert Bastirsch, Gebietsverkaufsleiter Wittmann Möbelwerkstätten, und Thomas Bene, Gründer SixDegrees, sowie Prof. Dr. Günther Grall, Vizerektor FH Salzburg, und Designerin Mag. Ulrike Leitner, LU Design, erörterten unter Moderation von Ulrike Weiser der Tagestageszeitung Die Presse die Herausforderungen der voranschreitenden Demokratisierung des Designs und die Konsequenzen für den Wert von Design, Nachhaltigkeit und die Zukunft der Möbelindustrie.
Was ist eigentlich „gutes Design“?
War die Palette an erörterten Themen breit gefächert, war und ist eines ganz klar: Die Rolle von Design heute und morgen ist für die Möbelbranche zentral. „Deshalb freue ich mich sehr, dass wir als Österreichische Möbelindustrie diese Veranstaltung ausrichten konnten. Sie hat interessante, kontroverse An- und Aussichten rund um das Thema eröffnet“, so Andrea Steinegger, Referentin der Österreichischen Möbelindustrie.
Denn sehr schnell entspann sich auf dem Podium eine überaus lebendige Diskussion , angereichert mit vielen Erfahrungen und Eindrücken, die Einblicke in die Design- und Möbelkultur von heute bot und das Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchtete. Eröffnet wurde der Reigen mit der fast schon obligatorischen Frage, was „gutes Design“ und wie dieses zu erkennen sei.
„Design muss innovativ sein.“ (Dr. Georg Emprechtinger)
Design sei sehr vielschichtig und es habe es immer schon gegeben, machte Grall mit einem historischen Abriss deutlich und klar, dass es keine allgemeingültige, kunden- oder gar länderübergreifende Definition von Design gebe, sondern gutes Design kultur- und milieuabhängig sei. Die Frage sei, so Ulrike Leitner, was Design erfüllen solle, was man mache wolle und was man brauche. Im luftleeren Raum schwebt Design freilich nicht. „Am Ende des Tages muss es sich auch gut verkaufen, sonst bleibt es eine brotlose Kunst“, so Georg Emprechtinger. „Es wäre aber auch zu einfach zu sagen, es sind nur Verkaufszahlen. Im Gegenteil: Es muss auch immer eine Vorwärtsbewegung geben“. Design müsse innovativ sein, Eigenständigkeit sei ihm wichtig und „wenn ich ein Produkt sehe, dann soll es von der ersten Botschaft, vom ersten Eindruck bis zur Seele des Produkts eine klare Aussage sein.“
„Gutes Design als absoluten Begriff gibt es in dem Sinn nicht.“ (Thomas Bene)
Gutes Design als absoluten Begriff gebe es nicht, sondern es vielmehr nur im Kontext, den man kennen müsse „in dem ein Produkt bestehen soll und bestehen kann.“ Es müsse nicht immer innovativ sein, es könne auch eine graduelle Verbesserung sein und es gehe ihm „auch immer um den funktionalen Nutzen.“ Design müsse einen Mehrwert liefern, so Bene, sonst seien Designmöbel schlicht „Stilobjekte“, und statt Mainstream-Design, um bloß nichts falsch zu machen, würde er sich „mehr Mut wünschen und mehr Eigenständigkeit, mehr Spirit“ wünschen. „Ein bisschen mutiges Design, ein bisschen überraschendes Design wäre wünschenswert.“ Mutigeres Design sei allerdings eine Frage desseb, was und wie man produziere, konterte Robert Bastirsch am Beispiel von Wittmann Möbel, bei denen Produkt- und Designqualität Hand in Hand gehen, das zeitloses Design setze dabei eine sehr große Designqualität voraus.
Qualität und Eigenständigkeit – zu diesen beiden gesellten sich im Laufe der Diskussion mit Wertigkeit, Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit – Stichwort: „cradle to cradle“ – sowie fairen Arbeitsbedingungen weitere wesentliche Kriterien für gutes Design hinzu.
„Die Zukunft liegt in der Kommunikation von Werten“ (Dr. Georg Emprechtinger)
Ein Schnippchen schlagen der Frage nach dem Wert von Design freilich die Schnäppchen. Der Kunde von heute ist durch Rabatt- und Sonderaktionen an Möbel zu kleinen Preisen gewöhnt – da waren sich alle Diskutanten einig. Ebenso wie bezüglich dessen, dass der Preis eines Möbels dem tatsächlichen Wert entsprechen solle. Dies würden Konsumenten einerseits suchen, andererseits könne man ihnen den Preis für das hochwertige Produkt gut erklären – „und das verstehen die Kunden auch“, so Bastirsch. „Ich würde sogar sagen, das wollen die Kunden ja auch“, ergänzt Grall, immerhin gehe es dabei um das Gefühl und die Botschaft für das Milieu, wirklich etwas Hochwertiges zu kaufen und zu be-sitzen. Das erscheint als Chance und Herausforderung zugleich. Schnäppchenjägern müsse man den Wert und die Qualität wieder mehr ins Bewusstsein rufen, betont Georg Emprechtinger, „die Zukunft liegt in der Kommunikation von Werten und nicht im Ringen um den niedrigsten Preis.“
„Design verbindet, verkauft Emotionen.“ (Mag. Ulrike Leitner)
Neben Rabattschlachten sorgt auch das Thema 3D-Drucker zunehmend für Aufregung. Eine Alternative zum Designer sei dies aber nicht, waren sich die Experten einig. Alles, was kreativer, mit einer Seele verbunden sei, könne ein Computer nicht machen, so die Designerin Ulrike Leitner, und die Emotion anzusprechen werde ein Computer nicht schaffen. Auch dass in Zukunft Möbel aus gedrucktem Holz gekauft werden, hielten die Referenten für unwahrscheinlich. „Der Wertschöpfungsprozess, das Handwerk und die vielen Bearbeitungsschritte machen doch das Holz aus. Das kann ein Drucker nicht ersetzen. Außerdem legt der Kunde Wert auf die Herkunftsstory des Baumes, seine Lebendigkeit und Geschichte“, so Emprechtinger. Dennoch sei der 3D-Drucker ein wesentlicher Input für die Zukunft der Holzindustrie, so Grall, und damit auch ein wirtschaftlicher im Sinne der optimaleren Nutzung des Rohstoffes und dass somit weniger quer durch die Welt transportiert werden könnten.
„Design ist nicht an eine Nationalität zu binden.“ (Robert Bastirsch)
Stellt sich angesichts der Globalisierung stets auch immer direkt oder indirekt die Frage nach österreichischem Design, wurde diese im Rahmen der Podiumsdiskussion durchaus eindeutig beantwortet. Es gebe kein klar definiertes „österreichisches Design“, Design zu haben, zu fördern, junge Designer zu unterstützen, sei aber von besonderer Bedeutung. Bindeglieder zwischen Produkten „made and designed in Austria“ gibt es aber, so zum Beispiel die handwerkliche Qualität.
„Der Designer gibt den Dingen Bedeutung.“ (Prof. Dr. Günther Grall)
Angeregt – so lässt sich nicht nur die Podiumsdiskussion an sich beschreiben. Sie regte auch selbst an, gab Impulse und lieferte Gesprächsstoff. Im Anschluss an den Talk bestand dabei in einer offenen Gesprächsrunde die Möglichkeit, vor Ort Fragen an die Fachexperten zu stellen, sowie sich danach beim geselligen Beisammensein in entspannter Atmosphäre auszutauschen.