„Mein Denken ist sehr architektonisch geprägt“
Christian Kroepfl hat sich als Designer international einen Namen gemacht. Der Großteil der Möbelkollektion von „palatti“ stammt aus seiner Feder, darunter der mehrfach prämierte, für den German Design Award 2017 nominierte und auf der imm cologne 2016 präsentierte KT11. Im Schauraum des Labels in Wien plauderte der kreative Kopf über seine Arbeit, seine Kreationen und über seine Karriere und natürlich über das nagelneue, vor kurzem ebenso für den German Design Award nominierte, Sideboard SB11.
Von Sylvia Pilar
Seit wann sind Sie schon als Designer aktiv kreativ?
Seit Ende 2013 bin ich als selbständiger Designer tätig, von der Ausbildung her bin ich aber eigentlich Architekt. Ich habe immer auch als solcher gearbeitet, unter anderem bei Roland Rainer. Als dessen letzter Mitarbeiter habe ich die unterschiedlichsten Dinge gemacht, im großen wie im kleinen Maßstab – vom Entwurf eines Handlaufs bis zur Stadtplanung. Bezüglich Möbel habe ich zum Beispiel an einem Sessel mitgewirkt, der heute als Stahlbandsessel bekannt ist oder an der Neuauflage des „kleinen Stadthallensessels“ P7. Beide Stücke werden weiterhin vertrieben.
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit „palatti“?
Über Harald Gorbach, der seitens des Herstellers verantwortlich für das Möbelprojekt und für den Vertrieb von „palatti“ in der DACH-Region (Deutschland, Österreich und Schweiz) zuständig ist. Wir kennen uns gut, arbeiten schon länger zusammen und dann kam die Frage, ob ich etwas gestalten wolle. Also legte ich mehrere Tischentwürfe vor, die dann umgesetzt und Anfang 2014 auf der „Wohnen & Interieur“ in Wien erstmals gezeigt wurden.
Sehen Sie sich aktuell mehr als Architekt oder als Designer?
Aktuell geht es mehr in Richtung Design. Ich bin aber von meiner Einstellung, vom Denken und meiner Ausbildung her Architekt.
Mein Denken ist sehr architektonisch geprägt.
„ Möbeldesign ist für mich als Architekt eine Abwechslung“
Was heißt das konkret für Umsetzung und Design der Tische?
Ich denke, Architekten, die Raumkonzepte erarbeiten und große Bauvorhaben planen sind eher konstruktions- und gebrauchsbezogen. Sie sind sicher nicht so verspielt wie Designer, die oft von der Beschäftigung mit einem Material her kommend an eine Entwurfsaufgabe herangehen. Beispielsweise war es mir beim Tisch KT11 wichtig, dass man sich nicht die Knie anschlägt und dass man wirklich um ihn herum sitzen kann. Sein statisches Prinzip habe ich aus diesem Gedanken heraus entwickelt, so wie der konstruktive Gedanke bei allen meinen Entwürfen eine wichtige Rolle spielt. Das Material war bei den Möbeln von „palatti“ vorgegeben: Bei den ersten Tischen waren dies zum Beispiel Massivholz und Stahl, entsprechend den Kernkompetenzen von „palatti“. Es gibt aber auch mit dem KT8 einen sehr schlichten und eleganten Holztisch.
Also war das Ziel ganz klar?
Neben diesem Holztisch wurden beispielsweise auch Versuche mit T-Stahl-Elementen gemacht, von denen eines auch gelocht wurde, also wir experimentieren durchaus. Ob es gefällt, entscheiden schlussendlich aber natürlich Kundinnen und Kunden.
„Wer jedem gefällt, gefällt niemandem.“
Haben Sie eine konkrete Zielgruppe im Blick oder wollen Sie möglichst alle ansprechen?
Wer jedem gefällt, gefällt niemandem. Das glaube ich zumindest. Mein Denken, teilweise von der klassischen Moderne geprägt, ist ein demokratisches, das heißt unter anderem, dass zumindest an meinen Tischen alle gleichberechtigt und bequem sitzen können. Das ist mir ganz wichtig.
Woher kommt die Vorliebe für Tische?
Das hat sich ergeben. Mit „palatti“ habe ich als Designer erstmals an einem kompletten Möbelprogramm gearbeitet. Davor waren es immer Einzelauftragsarbeiten und natürlich nicht nur Tische. Bei der Ausarbeitung eines Produktportfolios bedarf es einer ganz anderen Herangehensweise. Die Idee war simpel: Einzelne, bereits vorhandene Tischmodelle sollten durch meine zusätzlichen Entwürfe zu einer abgerundeten Kollektion werden. Möbeldesign ist für mich als Architekt eine Abwechslung, man ist nicht an so viele rechtlichen Bestimmungen und Normen gebunden und somit weniger eingeschränkt. Am Schluss geht es aber dann doch um Planung – das Entwickeln eines Designs, das sich aus Form und Funktion ergibt. Meine Arbeit ist immer ein Abwägen dieser beiden Komponenten.
Der Tisch, der schön aussieht, an dem man aber nicht bequem sitzen kann, entspricht nicht meiner Vorstellung von gutem Design. Ein Tisch muss einen Gebrauchswert haben: als Schreibtisch, Esstisch oder auch als Beistelltisch.
Geht es denn auch in Richtung Office-Bereich?
Bei „palatti“ sind es in der Regel Esstische. Wir haben aber auch Tische im Programm, die sich ebenso als Schreibtische eignen. Für den KT11 gibt es inzwischen eine eigene Office-Lösung. Der Tisch ist dann weniger breit, mit Multiplexplatten und einer Oberfläche aus Linoleum, einem der wärmsten Materialien die es gibt. Die Oberfläche ist dadurch für den Nutzer angenehm: weich, robust und ein Naturmaterial.
Vor kurzem wurde ja das neueste Stück, ein Sideboard, präsentiert.
Das Sideboard SB11 wurde erstmals auf der „WOHNEN & INTERIEUR“-Messe in Wien gezeigt. Bei der Österreich-Ausstellung „Back Ahead“ in Mailand wurde es dann dieses Jahr erstmals international vorgestellt.
Wie lange hat der Entwicklungsprozess gedauert?
Sicher über ein Jahr. Anfangs gab es nur eine ungefähre Idee, dann wurden die Maße festgelegt, Material und Farbsystem definiert und schließlich feilten wir an den Öffnungs- und Schließmechanismen. In dem Sideboard SB11 steckt also viel Entwicklungsarbeit.
Was ist das Besondere am Sideboard SB11 von „palatti“?
Das Sideboard SB11 gibt es in verschiedenen Längen, zwischen 184 und 244 cm. Die vier Zentimeter „Überhang“ sind den seitlichen Übersprüngen der oberen und unteren Massivholzplatten geschuldet. Der Korpus ist also zwischen diesen beiden Schichten „eingeklemmt“ – das wollten wir akzentuieren. Die gewählte Form hat aber auch einen praktischen Grund, der mit dem Gesamtdesign von Wohnräumen zu tun hat: In den meisten Innenräumen gibt es eine Sockelleiste. Damit Möbel und Wand plan aneinander stoßen, braucht es bei unserer Konstruktion einen Übersprung nach hinten, dieser dient auch zur Unterbringung von Kabeln.
Ich habe das Sideboard SB11 so konstruiert, dass der Übergang vom Boden zur Wand sichtbar bleibt. Dahinter steht der Gedanke eines Design-Pioniers aus Österreich: Josef Frank war es ein Gräuel, umsichtig durchgeplante Innenräume zu ‚übermöbeln‘. Er wollte durch die Möbel Akzente setzen. Der Raum an sich sollte die Hauptrolle im Design spielen.
Und funktional?
Das Sideboard eignet sich als Stereomöbel. Angesichts der digitalisierten Welt gibt es nicht mehr so viele Möbel, auch die Staumöbel verschwinden. Dieses Sideboard ist so konstruiert, dass DIN A4-Ordner für das Homeoffice ebenso wie Langspielplatten hinein passen, dazu gibt es Fächer für die technische Infrastruktur wie DVD- oder Blueray-Spieler oder eine Playstation. Oben gibt es einen einzelnen optionalen Kabelauslass in Richtung Fernseher, während Kabelsalat und technische Geräte im und hinter dem Sideboard verschwinden.
Wie passt das Sideboard SB11 in das Programm von „palatti“?
Das Sideboard SB11 deckt wiederholte Kundenwünsche ab und stellt somit eine gute Erweiterung des Sortiments dar. Wir bieten dafür verschiedene Farbkombinationen an, die unseren Kundinnen und Kunden eine größtmögliche Individualität ermöglichen. Salopp gesagt: Man kann mit vielen Kombinationen spielen.
In welchen Farben kommt es daher?
Generell ist die Farbpalette inspiriert von lateinamerikanischer Architektur, ganz besonders von Luis Barragán, einem mexikanischen Architekten. „Crème de Menthe“ ist eigentlich die Farbe, die zu diesem Sideboard in Kombination mit Nussholz gehört. Im NCS-Farbfächer ist diese Farbe zu 50 Prozent grün und 50 Prozent blau. Wie es wirkt, hängt allerdings auch vom Licht und vom Hintergrund ab. Der Eindruck bleibt immer ein bisschen vage, der Betrachter darf und soll ein wenig nachdenken.
Tische, Sideboard – was kommt als Nächstes?
Wir haben kürzlich ein Regal entwickelt, das es wie das Sideboard in unterschiedlichen Größen und Höhen gibt. In die großen Fächer passen A4-Ordner, dazu gibt es kleinere Fächer für sehr kleine Bücher, liegende Folianten, CDs und DVDs. Für „palatti“ arbeite ich momentan an Couch- und Beistelltischen und an Leuchten. Daneben arbeite ich natürlich weiterhin als Architekt und selbständiger Designer. Aktuell entstehen Prototypen für eine neue Produktserie. Mehr will ich dazu aber nicht verraten – noch nicht.
Zu palatti:
Das tschechische Traditionsunternehmen SWN Moravia steht mit der Marke „palatti“ für hochwertige Möbel mit Anspruch an Funktionalität und Design und setzt dabei sowohl auf heimische als auch internationale Designer. Die Entwicklung und Produktion von modernen Designmöbeln auf Basis hochwertiger Materialien stehen ebenso wie exzellente Verarbeitung und Kompromisslosigkeit in der Qualität im Vordergrund. Den Vertrieb in der DACH-Region leitet Harald Gorbach. Nach Schauräumen in Vorarlberg und Wien ist nun der Aufbau eines exklusiven Vertriebsnetzwerks angedacht, insbesondere mit Premium-Partnern z.B. in Zürich, München, Linz, Salzburg oder Graz.