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„Stellen Sie die richtigen Fragen!“

Er ist der internationale Designer-Star von Braun. Duy Phong Vu. Der geborene Vietnamese studierte in Deutschland Design und konnte bereits für zahlreiche bekannte Marken wie Grohe, Hansa, Laica, Brita, wella oder zuletzt Braun und Oral-B reüssieren. Immer beide Seiten der Medaille im Auge zu behalten ist dabei ein Grundsatz des Kreativen. Und die Frage nach dem „Was wäre wenn“ ist für ihn nicht bloß ein Konjunktiv, sondern Basis seines Tuns. WOHNDESIGNERS konnte dem inspirierenden Querdenker ein paar Fragen stellen.…
Von Lilly Unterrader

Die Frage nach dem „Was wäre wenn“ ist für Duy Phong weit mehr als nur ein Konjunktiv. © BRAUN

Ich habe unlängst einen Vortrag von Martin Ballendat gehört, der meinte, er begleite das Design eines Produktes von der ersten Idee bis zum ersten in der Werkstatt gefertigten Prototypen. Wie funktioniert bei Ihnen der Ablauf eines Produktdesigns? Von der Idee bis zur Umsetzung? Wie lange dauert so ein Prozess in etwa?

Bei uns fängt der Designansatz schon mit der ersten Analyse unserer Produkte im Markt an. Wir gehen gezielt in die Haushalte unserer Kunden und interviewen sie direkt vor Ort, beobachten dabei genau die Abläufe und Handhabungen der Benutzer, die mit dem Gesprochenen oft nicht übereinstimmen. Es gibt große Unterschiede in den unterschiedlichen Märkten und Kulturen. Ein einzelnes Produkt kann daher nicht immer weltweit den gleichen Benutzern/Verbrauchern dienlich sein. Wir streben immer danach, den Unterschieden der verschiedenen Märkte gerecht zu werden.
So ist z.B. ein Haushalt in China im Schnitt 40-50m2 klein, im Vergleich dazu sind in Deutschland im Durchschnitt 90m2 Wohnraum für eine Familie vorhanden – bezogen auf ein Elternpaar mit einem Kind. In China leben aber meistens drei Generationen in einem Haushalt – Großeltern, Elternpaar und ein Kind.
Der Designansatz fängt daher schon beim Verbraucher an – damit, ihn zu verstehen und die richtigen Ideen zu gestalten. Davon hängt die Qualität der Umsetzung ab. In enger Zusammenarbeit mit Entwicklern und dem Marketing entwerfen die Designer in den ersten 2-3 Monaten verschiedene konzeptionelle Entwürfe. Parallel dazu werden die Konzepte auf technische Komplexität und Glaubwürdigkeit gegenüber dem Benutzer geprüft und in weiteren Designphasen verfeinert und verbessert.

Duy Phong. © BRAUN

Nach 6-9 Monaten steht dann meistens das finale Design fest und geht in die Fertigstellung. Die inneren Komponenten werden finalisiert, qualifiziert und von unabhängiger Seite geprüft. Das Marketing Team erstellt die finalen Kommunikations-Dokumente für online und offline. Dann ist das Produkt nach 2 Jahren bereit für die Markteinführung. Bei Produkten mit einem hohen Innovationsgrad kann es aber auch schon 3 Jahre dauern, bis es auf den Markt kommt. Der Designer begleitet die einzelnen Fertigstellungsphasen und prüft immer wieder den Originalgehalt des finalen Designs. Jede Änderung findet in enger Absprache statt.

„Zeitloses Design in seiner Einfachheit mit hohen Qualitätsansprüchen für den täglichen Gebrauch zu gestalten, dazu braucht es lange Erfahrung und das richtige Gespür.“

Worin genau liegt für Sie der besondere Reiz der Gestaltung von Hausgeräten? Wo liegen die spezifischen Herausforderungen?

Für mich liegen der Reiz und die Herausforderung in der Verschmelzung der Inhalte. Benutzer-Gewohnheiten und -Wünsche. Was braucht/sucht der heutige Konsument in den jeweiligen Märkten? Dann kommt die Marke hinzu: Welche Werte stehen für die Marke und auf welche Design-Richtlinien muss ich als Designer achten – ganz besonders bei Braun. Zeitloses Design in seiner Einfachheit mit hohen Qualitätsansprüchen für den täglichen Gebrauch zu gestalten, dazu braucht es lange Erfahrung und das richtige Gespür.

Bei der neuen MultiMix 5 Handmixer-Serie von Braun wurde nicht nur aufs Design, sondern auch auf die Effizienz großes Augenmerk gelegt: die SmartMix Technologie benötigt bis zu 40% weniger Kraftaufwand beim Mixen. © BRAUN

Welchen Einfluss haben Sie auf die Materialauswahl und spielt hierbei auch die Herkunft der Materialien, Stichwort fair trade, eine Rolle?

Eine sehr wichtige Frage, die wir uns immer wieder bei jeder Änderung oder Neuentwicklung von Produkten stellen. Unsere Produktionen finden 50% in eigenen Werken und 50% bei externen Partner weltweit statt. In beiden Fällen achten wir darauf, dass wir Materialien einsetzen, die dem höchsten Industriestandard entsprechen. So garantieren wir auch eine hohe Lebensdauer für unsere Produkte.

Wo liegen für Sie die großen Unterschiede im Design für den asiatischen und den europäischen Markt?

Oh, da habe ich in der ersten Frage ja schon ein gutes Beispiel genutzt, ohne zu ahnen, dass Sie nun diese spezifische Frage stellen. Abgesehen von dem Beispiel der Wohnfläche gibt es natürlich noch weitere große Unterschiede zwischen dem asiatischen und europäischen Markt. Das Denken der beiden Kulturen ist sehr unterschiedlich. Um das zu erläutern, müsste ich einen Roman schreiben. Ein weiterer Faktor ist die hohe Geschwindigkeit des Konsums in Asien, sie ist sehr schnelllebig. In Europa bewerten wir ein Produkt-Upgrade alle zwei Jahre schon als Neuheit. In Asien kann nach 2-3 Jahren manchmal eine ganze Produktkategorie zu Ende sein. Europäer lieben die direkte Ansprache, aber der Asiate liebt Geschichten, wo er oder sie sich wiederfinden.

Phong sieht das zu designende Objekt stets auch im entsprechenden Umfeld. „Ich bin da immer neugierig und schaue auch gerne mal in die Schränke und stelle die Frage: Warum?“ © BRAUN

Sehen Sie, wenn Sie ein Produkt designen, dieses auch gleich im entsprechenden Umfeld stehen? Sehen Sie beispielsweise einen Stabmixer in Ihrer Vision gleich in der entsprechenden Küche in Betrieb? Und welchen Einfluss hat die Küche auf das Produkt?

Ja, absolut! Die Küche ist die Heimat unserer Produkte und als Designer sind wir gut beraten, dieses genau unter die Lupe zu nehmen. Wie man darin arbeitet, sich bewegt und die Dinge aufbewahrt. Jeder hat da so seine eigene Welt in seiner Küche. Ich bin da immer neugierig und schaue auch gerne mal in die Schränke und stelle die Frage: Warum? In der Regel sind die Menschen offen und erzählen von ihren Gewohnheiten. So kann ich mir immer sehr gut ein Bild machen, wie unser Braun Stabmixer in den verschiedenen Küchen seinen Platz findet.

„Sehen, bedeutet die Dinge zu erkennen. Hören, bedeutet diese zu verstehen. Greifen, bedeutet die Dinge zu begreifen.“

Welche Rolle spielt Sounddesign für das optische Design? Werden Sound und Optik gemeinsam entworfen und welchen Einfluss nehmen Sound und Optik aufeinander?

Ich würde mir wünschen, dass der Sound und die Optik gleichzeitig betrachtet werden könnten. Aber meistens kommt erst die Optik, danach stellen wir den Sound auf die Optik ein. Wenn wir bei Haushaltsgeräten von Sound sprechen, dann ist es in erster Linie die Lautstärke der Geräte. Motoren- und Gehäuseteile erzeugen Benutzungsgeräusche und diese werden von unseren Ingenieuren in einem Sound- Labor gemessen und in der Entwicklungsphase angepasst. Die Geräusche sollen dem Benutzer nicht lästig werden, aber ihn im Gebrauch unterstützen. Das Hören ist einer der drei Sinne, die im Design die Benutzung der Produkte unterstützt. Sehen, bedeutet die Dinge zu erkennen. Hören, bedeutet diese zu verstehen. Greifen, bedeutet die Dinge zu begreifen. Es kann auch passieren, dass sich in der späteren Entwicklungsphase das Design, also die Optik ändert. Sonst kann der Sound nicht geändert werden. Dies hat mich bei den Design-Entwürfen von Braun Haartrocknern überrascht.

Die Spezifika jedes Markts schlagen sich auch im Produkt-Design nieder. Wie hier die Serie, die für den US-Markt designt wurde. © BRAUN

Wie nachhaltig kann Design überhaupt sein? Kann man beim Entwurf eines Produktdesigns den Designlebenszyklus abschätzen? Bzw. was zeichnet nachhaltiges Design aus?

Die Nachhaltigkeit der Produkte liegt am Ende beim Verbraucher. Braun Produkte werden entwickelt, um lange zu leben. Wie lange, liegt immer beim Benutzer. Wir wissen aber von Personen, die Braun Produkte gekauft haben, dass diese von mehreren Generationen genutzt wurden und sie sind stolz darauf. Braun hat daher immer den Anspruch, Produkte zu erschaffen, die lange im Markt und in den Haushalten bleiben. Wir können aber nicht abschätzen, wie lange ein Produkt sich im Markt hält. Ein gutes Beispiel ist die Zitruspresse, CJ 3050. Dieses Produkt wird seit 1972 produziert und ist seither im Markt. In diesem Jahr kam ich auf die Welt und ich glaube nicht, dass dieser lange Lebenszyklus geplant war. Ich habe kein vergleichbares, nachhaltigeres Produkt gefunden, das so lange lebt. Erst wenn ich das Rentenalter erreicht habe, werde ich wissen, ob meine Produkte von heute nachhaltig sind.

Nur eine von vielen Auszeichnungen. Die Kür zum Designer-Team des Jahres. © BRAUN

In Ihrer Präsentation sprechen Sie davon, dass es wichtig ist, die richtigen Fragen zu stellen… Auf welche Frage, die Ihnen von noch niemandem gestellt wurde, würden Sie gerne antworten?

Das ist eine sehr gute Frage! Die von Ihnen gestellten Fragen wurden mir tatsächlich noch nie gestellt und ich würde sie nicht anders beantworten.


Über Duy Phong Vu

Geboren 1972 in Vietnam, zog seine Familie bereits 1979 nach Deutschland. Unmittelbar nach der Schule folgte die Handwerker-Ausbildung des Modellbauers in der Automobilindustrie. 1998 folgte der Design-Abschluss als Jahrgangsbester der Hochschule Darmstadt. Während des Studiums arbeitete Phong als Designer, Modellbauer, Partner und Consulter in verschiedenen Agenturen und Firmen, bevor er seine Karriere bei Braun Design begann. 2006 begründete er die Plattform vusiondesign, die dem Networking und der übergreifenden Kooperation verschiedener Disziplinen dienen sollte. Innerhalb der Gillette-Gruppe stieg er vom Junior Designer 1999 zum Group Design Manager 2005 bis zum Head of Design der nunmehrigen DeLonghi Braun Household GmbH seit 2013 auf. Im Laufe seiner bisherigen Karriere konnte er bereits einige Design-Preise gewinnen: IF product design, IF golf, good design, reddot, plus x award: most innovative brand 2015 und zum design team of the year 2016.


www.braunhousehold.at


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